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Auf das Kreuz schauen - und aufstehen

„Gott erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.“  (Römer 5,8)

 

Liebe Gemeindeglieder,

liebe Leserinnen und Leser,

 

Der Schmerzensmann im thüringischen Schmalkalden (Stadtkirche St. Georg) auf der Titelseite leidet meiner Ansicht nach weniger unter den Wunden, die ihm zugefügt wurden.

 

Ihn quält vielmehr die Traurigkeit darüber, dass Menschen anderen so etwas zufügen können. Ja, wir Menschen fügen einander immer wieder Leid und Schmerzen zu. Nicht nur durch (An-)Schläge mit einem Auto, durch Messerstiche, durch Schüsse aus Gewehren und Kanonen, durch Geiselhaft oder Aushungerung aufgrund von Verteilungskämpfen weltweit. Auch durch Erniedrigung, Ausgrenzung oder Verspottung (heutzutage auch als Mobbing bezeichnet) im alltäglichen Leben in unserem Land.

 

Irgendwie geht es uns Menschen in unserem Stolz an vielen Stellen darum, ganz vorne, ganz oben, ganz wichtig zu sein. Und das fordert auf der anderen Seite immer Opfer. Auf der großen Weltbühne und auf den kleinen Bühnen unseres  versöhnlichen Umfeldes.

 

Der Schmerzensmann hat sich zum Opfer hingegeben. Blut fließt von seiner Stirn. Aber noch vielmehr zerfließt er vor Traurigkeit, wenn er als Sohn Gottes auf die Welt und unser Leben schaut. So hat Gott das nicht gewollt. Ja, so wird

Gott selbst zum Opfer seiner Schöpfung, dem wirklich nichts anderes übrigbleibt, als uns, seinen Geschöpfen, das zu zeigen. So zeigt er sich uns in Jesus Christus, dem Schmerzensmann, bereit sogar, sich ans Kreuz nageln zu lassen.

 

Und das alles in der unendlich großen Hoffnung, dass uns das anrührt, dass es uns im tiefsten Inneren berührt, dass es uns endlich zum Einlenken, zur Umkehr bringt, wenn wir in der kommenden Passionszeit wieder konzentrierter auf das Kreuz schauen.

 

Und darüber hinaus ahnen, dass all das Leid und die Schmerzen, die wir auch selbst zuweilen erleiden müssen, nicht das  Ende sind. Denn im Ende liegt seit dem Ostermorgen ein neuer Anfang verborgen, der zum Aufstehen ermuntert, jetzt

schon gegen alles Leid und alle mitleidlosen Machtstrukturen, die in diesen unsicheren Zeiten übergroß zu werden scheinen.

 

Der Auferstandene ermuntert uns zum Aufstehen, wenn er in unsere Mitte tritt in den Gottesdiensten und Andachten. Und einst, wenn er wiederkommt in Herrlichkeit, an unser Grab tritt und seine Schwestern und Brüder herausrufen wird.

 

In dieser österlichen Hoffnung grüße

ich Sie und Euch ganz herzlich

Ihr/Euer Pastor Michael Otto