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„Gott gab uns Atem, damit wir leben.“

Eckhart Bücken, 1982 (EG 432)

 

 

Liebe Gemeindeglieder,

liebe Leserinnen und Leser,

 

etwa 1.300 Höhenmeter sind es vom Brienzer See bis zum Ällgäulückli im Berner Oberland, was auf dem Titelbild nur ansatzweise zu erkennen ist. Wer den nicht ganz leichten Weg zu Fuß hinauf wagt, merkt nach kurzer Zeit, wie die Atemfrequenz immer schneller wird. Wenn es ganz steil wird, muss kürzergetreten werden. Oben angekommen, stellt sich dann wohltuende Entspannung ein. Die Atemzüge werden wieder freier und zur unbewussten und doch so lebensnotwendigen Normalität. 

 

Ja, im Alltag merken wir kaum, dass wir rund 20.000 Mal am Tag ein- und ausatmen. 12.000 Liter Luft, die unseren Körper mit Sauerstoff versorgen. Und das so „ganz nebenbei“, mitten in atemlosen Zeiten von kirchlichen Konflikten, von gesellschaftlichen Herausforderungen, von weltweiten Zollstreitigkeiten oder bedrohlichen Kriegen. Für viele Menschen geht es atemlos durch den Tag und durch die Nacht, manchmal auch einfach deswegen, weil sie nicht einschlafen können vor Schmerzen oder Sorgen. 

 

Da tut es gut, in den Sommermonaten einfach mal wieder freier atmen zu können, sei es durch eine Wanderung im Gebirge oder ganz entspannt in salziger Luft am Meer im Rhythmus der unaufhörlichen Wellen. Und sich dabei wieder neu bewusst zu werden, welch großes Geschenk uns mit dem Atmen gegeben ist.

 

Denn von Anbeginn sind wir über unser Atmen ganz eng mit Gott verbunden, wenn es in der Schöpfungsgeschichte heißt: „Da machte Gott der HERR den Menschen aus Erde vom Acker und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen.“ Mit unserem Atmen füllen wir nicht nur unseren Körper mit Sauerstoff, beim Ausatmen strömt die Luft durch unsere Stimmlippen, die dann zum Schwingen angeregt werden. So entstehen Töne im Sprechen und Singen, Loben und Preisen. Wir bleiben nicht nur bei uns selbst, sondern geben etwas zurück von dem, was uns geschenkt ist, treten in Kontakt mit unserem Schöpfer. Darum endet der Psalter (Psalm 150,6) auch mit der großen Einladung: „Alles, was Odem hat, lobe den HERRN! Halleluja!“

 

Am besten geht das in Gemeinschaft mit Schwestern und Brüdern im Gottesdienst, wenn wir am Sonntag zusammenkommen, nach der Urlaubszeit mit geweiteten Lungen, entspannten Gemütern und der ein oder anderen „Inspiration“ (= Ein-Hauchung) aus der Ferne.

 

Darauf freue ich mich und grüße Sie und Euch ganz herzlich

Ihr/Euer Pastor Michael Otto